Reliquien

Reliquien sind Überreste vom Körper eines Heiligen oder Gegenstände, die mit ihm in Zusammenhang stehen und verehrt werden. Reliquien, die mit Jesus Christus in Verbindung stehen, werden als Herrenreliquien bezeichnet.

Frühe Verehrung

Außerhalb der Siedlungsräume entfaltete sich um die Gräber von Märtyrern und Heiligen eine frühe Verehrung. Seit der Zeit Kaiser Konstantins im 4. Jahrhundert werden den wichtigsten Märtyrern Kirchen geweiht. Viele sind über den Gräbern von Heiligen errichtet. Damit wird auch der umgekehrte Weg möglich: die Übertragung sterblicher Reste von Heiligen in eine Kirche. Seit dem Mittelalter entsteht so die Verbindung zum Altar. In jeden Altar müssen nun Reliquien eingeschlossen sein.

Zeugnisse des Glaubens

Eine zweite Dimension wird den Reliquien seit der Spätantike zugeschrieben: heilende, schützende oder Schaden abwehrende Eigenschaften. Nicht nur die Bestattung in der Nähe von Reliquien, sondern auch ihr Besitz wird damit erstrebenswert. Große Reliquiensammlungen von Fürsten, Bischöfen und Äbten entstehen. Im Laufe der Reformation wird diese inflationäre Entwicklung immer wieder scharf kritisiert. Wer sich aber bewusst ist, dass es menschlich ist, mit allen Sinnen zu leben, der kann auch heute einen Zugang zu Reliquien finden. Dabei geht es weniger um die historische Echtheit als um Reliquien als Zeugnisse des Glaubens und sichtbare Zeichen für die Gnade Gottes.

Geschichte des Heiltumsschatzes

Die Anfänge des Heiltumsschatzes reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück. Sie sind eng verbunden mit dem Geschlecht der Grafen von Andechs. Graf Rasso, Ahnherr der Andechs-Meranier, soll von einer Pilgerfahrt ins Heilige Land die ersten Herrenreliquien mitgebracht haben. Sie wurden zum Grundstock des Andechser „Heiltums“: ein Zweig der Dornenkrone, ein Teil des „Spottzepters Christi“ und ein Stück vom Kreuz Christi. Weitere Stücke des „Heiltums“ sind kostbare Textilreliquien wie die „Stola“ des heiligen Evangelisten Johannes oder der „Gürtel“ Maria Magdalenas. Wie Reliquien verehrt werden die „Goldene Rose“ des Klostergründers Herzog Albrechts III. und das so genannte Siegeskreuz Karls des Großen. Auch Reliquien des heiligen Nikolaus und der heiligen Elisabeth von Thüringen, Patrone der Wallfahrtskirche, werden in Andechs verehrt.

„Die Heiligen Drei Hostien“

Kernstück des Andechser „Heiltums“ bilden „Die Heiligen Drei Hostien“. Zwei Hostien sollen von Papst Gregor dem Großen (6. Jahrhundert) herrühren und weisen blutfarbig das Kreuz bzw. ein Fingerglied auf; die dritte mit dem Monogramm Jesu in Blut soll auf Papst Leo IX. (11. Jahrhundert) zurückgehen.

Wechselvolle Zeiten

Über die Jahrhunderte wurde der Andechser Reliquienschatz immer wieder erweitert und auch verändert. 1715 umfasste der „Heilige Schatz“ noch 277 Reliquien. Nach der Säkularisation 1803 waren nur noch 40 Stücke in Andechs vorhanden. 1924 kam durch Kardinal Bertram von Breslau ein Splitter des Hauptes der heiligen Hedwig von Schlesien als Geschenk nach Andechs. Im Glasschrein am oberen Hochalter und in der Kreuzkapelle ruhen die Gebeine der heiligen Paulina und der heiligen Serena. 1967 wurde ein Teil des Reliquienschatzes im Bayerischen Nationalmuseum in München gezeigt.

Andechser Reliquien außerhalb von Andechs

Auch außerhalb der Wallfahrtskirche befinden sich ehemalige Andechser Reliquien. So erinnert das „Forstenrieder Kreuz“, ein romanisches Kruzifix, das heute in der Pfarrkirche von Forstenried aufbewahrt wird, an die Grafen von Andechs. Teile des Andechser „Heiltums“ sind auch in der Schatz- sowie in der Reliquienkammer der Münchner Residenz zu finden.

Der Reliquienschatz heute

Der Reliquienschatz wird heute in der „Heiligen Kapelle“ aufbewahrt und kleinen Gruppen im Rahmen von angemeldeten Kirchenführungen gezeigt.

Kloster Andechs Wappen