Zu Jesus gehen

Seit mehr als 300 Jahren pilgern die Schwabmünchner Wallfahrer nach Andechs. 2017 feierten sie ihr großes Jubiläum und haben dabei neue zeitgemäße Formen der Wallfahrt erfolgreich ausprobiert.

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Wer Pfarrer Christoph Leutgäb trifft, spürt förmlich, wie sehr er die Wallfahrt in seiner Pfarrei St. Michael in Schwabmünchen schätzt. Für die Wallfahrt nach Andechs nimmt er sich Zeit. „Da freu ich mich drauf. Diesen Tag schaufel ich mir frei. Alles andere, auch Hochzeiten, müssen warten.“

Bitte um Bewahrung und Bekehrung

Christoph Leutgäb geht es weniger darum, eine fromme Tradition um einer Tradition willen zu pflegen. Dabei erinnert er an den Ursprung der Schwabmünchner Andechs-Wallfahrt: „Die Wallfahrt nach Andechs geht ja auf ein Pestgelübde der Schwabmünchner im Jahr 1717 zurück. Gott sei Dank ist diese verheerende Seuche ausgerottet. Aber es gibt viele Formen der „modernen Pest“: Krieg, Terror und Nationalsozialismus, um nur einige zu nennen. In diesen ganz konkreten Anliegen wollen wir nach Andechs gehen. Das ist unsere Motivation und wir laden herzlich dazu ein, sich uns in diesen Anliegen anzuschließen, zu Jesus zu gehen und um Bewahrung und Bekehrung zu bitten.“

Bus-, Radel- und Fußwallfahrer

Mit mehreren Wallfahrtsgruppen kamen die Schwabmünchner 2017 auf den Heiligen Berg, um mit einem großen Dankgottesdienst samt Chor und Orchester das 300-jährige Jubiläum ihrer Wallfahrt festlich zu begehen. Von Schwabmünchen aus machten sich die Älteren mit dem Bus auf den Weg. Schon um 4.30 Uhr  in der Früh startete ebenfalls eine Gruppe von Radel-Wallfahrern zu der 55 km langen Fahrt nach Andechs, eine weitere Gruppe nahm von Sankt Ottilien aus die 25 Kilometer auf den Heiligen Berg zu Fuß in Angriff, damit alle rechtzeitig um 10.00 Uhr zum Gottesdienst in der Wallfahrtskirche eintreffen.

„Die Wallfahrt - ein Herzensanliegen“

Damit dies gelingt braucht es ein eingespieltes Team von Organisatoren mit dem Wallfahrtsleiter an der Spitze. Johann Ostenberger hat dieses Amt seit über zehn Jahren inne: „Ich war schon als Junge mit 13 Jahren dabei. Die Wallfahrt gehörte für mich immer dazu. Sie ist mir ein Herzensanliegen geworden und ich habe seither nur ganz wenige ausfallen lassen“. Dabei spielen für den ruhigen und bedächtigen Wallfahrtsleiter nicht nur logistische und organisatorische Fragen eine Rolle: „Mir war es von Anfang an wichtig, dass neben dem gemeinsamen Rosenkranz-Gebet auch Lieder und Meditationen ihren Platz bei der Wallfahrt bekommen. Diese unterschiedlichen Formen lockern auf und lassen das Gebet noch einmal nachklingen.“

Wenn die Schwabmünchner auf dem Weg nach Andechs sind, macht das große Vortragskreuz die Gruppe von Alten, Jungen und Familien mit Kindern schnell als Wallfahrer erkennbar. Natürlich sei es eine zusätzliche körperliche Belastung, das Kreuz der Wallfahrtsgruppe voranzutragen, so Johann Ostenberger. „Aber ich habe es immer wieder erlebt, dass es für viele, die das Kreuz getragen haben, eine besondere Ehre gewesen ist und einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.“ Ein Erlebnis, das sich schon bei Generationen von Schwabmünchner Wallfahrern eingebrannt hat.

Nach Andechs - „nicht auf den üblichen Wegen“

Als 1717 die Pest in dem kleinen Ort im bayerischen Schwaben wütete „verlobten sich“ - so die schöne alte Formulierung - die Einwohner zu einer Wallfahrt nach Andechs. Ununterbrochen wurde die zweitägige Wallfahrt seither begangen, auch in Kriegszeiten und auch während des Dritten Reiches, auch wenn es damals verboten war. Noch heute sind die Erzählungen des alten Wallfahrtsleiters Ludwig Schöffel in Schwabmünchen lebendig, dass man Andechs „nicht auf den üblichen Wegen“ immer erreicht habe. Nach dem Krieg führte man die Wallfahrt über zwei Tage weiter fort. Kam die Wallfahrtsgruppe am ersten Tag in Andechs an, wurde sie von den Mönchen feierlich begrüßt. Dann ging man auf Zimmersuche. Kreuzwegandacht und Beichte schlossen sich an und der Abend endete mit einer feierlichen Marienandacht. Der zweite Tag begann mit einer Frühmesse für die Verstorbenen. Nach dem Hochamt am oberen Hochaltar wurden die Wallfahrer feierlich verabschiedet und machten sich durch das Kiental zurück auf den Heimweg.

„Seit 1949 beinahe Jahr für Jahr in Andechs“

Nach dem 250-jährigen Jubiläum 1967 beschränkte man die Wallfahrt auf einen Tag. „Es gab halt immer weniger Übernachtungsmöglichkeiten“, so Josef Wehringer, Wallfahrtsleiter bis 2012. „Dem trauere ich schon ein bisschen nach, dass man Abends nicht mehr einfach zusammensitzen kann. Aber so ist die Zeit.“, meint der über 80-Jährige und in seiner Stimme liegt keine Wehmut. Seinen Namenstag, den 19. März, feiert er gerne in Andechs. Nicht nur wegen der Mass Freibier für alle Josefs und Josefinen: „Wer seit 1949 beinahe Jahr für Jahr in Andechs zur Wallfahrt war, der kann einfach nicht anders.“

Kloster Andechs Wappen