Auf dem Weg in die Moderne 1850-1900

Nach der Aufhebung des Klosters 1803 bis 1846 musste die Klosterbrauerei auf weltliche Braumeister zurückgreifen. Bald aber sollte es ein Nachfolger aus der klösterlichen Gemeinschaft werden.

Frater Ämilian Haltenberger

Der erste Braumeister aus den Reihen des Konvents nach der Säkularisation 1803 war dann Frater Ämilian Haltenberger.

Im Mai 1854 war er in Sankt Bonifaz eingetreten. Er hatte Brauer gelernt und am 28. September 1854 seine Prüfung abgelegt, in der er „zu selbstständigem Betriebe dieses Gewerbes in allen Klassen von Gemeinden als befähigt befunden wurde“.

Unter den Mönchen wird er ab 1855 als „braxator“, als Brauer, geführt. Als er am 8. Januar 1865 im Alter von nur 44 Jahren starb, wurde Frater Jakob Neubauer sein Nachfolger.
 

Frater Jakob Neubauer

Frater Jakob war 1858 im Alter von 35 Jahren in die Abtei Sankt Bonifaz in München und Andechs eingetreten, hatte 1859 seine Profess abgelegt und war von da an in der Brauerei tätig. Er war kein gelernter Brauer, erwarb sich seine Kenntnisse jedoch vor Ort.

Mit seinem „Amtsantritt“ erscheint erstmals aus den Reihen der Mönche auch ein „socius braxatoris“, ein Gehilfe des Brauers: Kilian Kohl. Im Laufe der Jahrzehnte sollten es bis zu drei Mönchsgehilfen werden – ein wichtiger Hinweis auf die zunehmende Größe der Brauerei.

Frater Jakob Neubauer starb am 20. Juni 1886. Bekannt geworden ist er vor allem durch die Porträts seines Freundes, des Genremalers Eduard von Grützner (1846-1925).

Frater Jakob Neubauer

Eduard von Grützner war Stammgast im Andechser Bräustüberl und mit dem Braumeister Frater Jakob eng befreundet, den er unzählige Male in Porträts und Stimmungsbilder festhielt. Das „Grützner-Stüberl“ hält die Erinnerung an den bierfreudigen Meister, der sich selbst gerne als Benediktiner darstellte, wach.

Von Frater Jakob, dem wohl bekanntesten und volkstümlichsten Andechser Braumeister, überliefert Pater Willibald Mathäser in seiner Andechser Chronik eine Anekdote, die den Charakter von Frater Jakob freundlich und deutlich nachzeichnet:

Mit der gleichen geraden Offenheit begegnete Frater Jakobus auch Prinz Ludwig, der als König Ludwig III. der letzte Monarch in Bayern werden sollte. Der junge Wittelsbacher kam mit seiner Gattin Therese an einem Tag mit vielen Leuten auf den Heiligen Berg ins Bräustüberl. Weder in diesem selber, noch im Garten gab es einen freien Stuhl, weshalb Prinz Ludwig nach dem Frater Jakob schickte mit der Bitte, Sitzplätze zu besorgen. Der Klosterfrater, vollbeschäftigt beim Ausschanke am Pansen konnte auch nicht helfen. Kurz angebunden, meinte er: „Die Hoheiten soll´n si halt auf Grad hi´haun wia di andern a. A Prinz und a Prinzessin is a nix andres wiara andrer Mensch.“

Frater Wunibald Siebenhüter

Frater Wunibald Siebenhüter

Er übernahm bald nach dem Tod von Frater Jakob Neubauer am 22. Juni 1886 die Leitung der klösterlichen Brauerei auf dem Heiligen Berg in Andechs.

Ab dem Jahr 1887 ist er als „braxator“ – Braumeister – im Catalogus des Klosters vermerkt. Er blieb es bis zu seinem Tod am 9. Januar 1905. Pater Willibald Mathäser berichtet in seiner Andechser Chronik (S. 249 ff.) von den großen Veränderungen in diesen Jahren in der klösterlichen Brauerei.

1894 erfuhr unter anderem das Sudhaus eine durchgreifende Erneuerung. Ein neuer geräumiger Lagerkeller wurde tief in den Heiligen Berg getrieben. Auch ein neues Maschinenhaus mit Dampfbetrieb und später auch mit einer Kühlmaschine der Firma Linde wurden unter seiner Leitung errichtet.

Die langjährigen socii braxatoris – Gehilfen bzw. Mitarbeiter des Braumeisters – Frater Ämilian Dempf, Frater Stefan Hebel und Frater Korbinian Schmid unterstützten ihn in diesen Jahren.

Kontinuierlich investieren – Kunden pflegen

Die Brauer waren bereits als Gesellen oder Meister eingetreten oder wurden im Kloster ausgebildet und nach dem Tod des jeweiligen Braumeisters vom Gehilfen zum leitenden Brauer „befördert“. Ihre „Vorgesetzten“ waren die Cellerare des Klosters, die durch kluges Wirtschaften die Voraussetzungen für ein erfolgreiches und expandierendes Unternehmen schufen: Pater Magnus Sattler (1858-1900), Pater Augustin Engl (1900-1924), Pater Magnus Rath (1924-1952) und Pater Daniel Gerritzen (1968-1986).

Pater Magnus Sattler

Pater Magnus Sattler ließ 1871 die Brauerei auf Dampfbetrieb umstellen, 1893 wurden Fassstadel und Lagerhalle, 1894 das Sudhaus erneuert. Wenn man seine akribischen Aufzeichnungen der Jahre 1858 bis 1898 liest, wird deutlich, was schon damals den Erfolg der Andechser Brauerei und damit auch ihre zunehmende wirtschaftliche Bedeutung für den Konvent ausmachte: kontinuierliche Investitionen in Form von baulichen und maschinellen Verbesserungen und Pflege und Erweiterung des Kundenstamms über den Heiligen Berg hinaus.

Diese Entwicklung dokumentieren vor allem die so genannten Gersten-Manuale, weil sie neben dem Ankauf von Gerste – die eigene Produktion reichte demnach nicht mehr aus – die Bierlieferungen und Eingangsbestätigungen der Zahlungen diverser Wirte in der näheren und weiteren Umgebung festhalten. Neben Wirten gab es aber auch andere Kunden der Andechser Brauerei. So geht aus einem Schreiben Pater Magnus Sattlers an seinen Abt Benedikt Zenetti vom 14. Februar 1889 hervor, dass die Oberin des Waisenhauses in Nymphenburg bei ihm angefragt habe, ob sie nicht Bier von der Andechser Klosterbrauerei beziehen könne und wenn ja, zu welchen Bedingungen. Da das Waisenhaus wöchentlich 10 Hektoliter bestellen wollte, bemerkte Pater Magnus: „Diese Kundschaft ist so groß und grösser als irgend einer unserer Wirte und genießt den Vorzug präziser Bezahlung.“

 

Altes Sudhaus vor 1929

Die undatierte Darstellung aus dem Archiv des Klosters Andechs zeigt das alte Sudhaus der klösterlichen Brauerei.
Das Bild gibt einen Eindruck von der Situation vor dem Umzug und dem Neubau des Sudhauses und der Umstellung auf den Sudprozess in Kupferkesseln im Jahr 1929.

Hier ist das Sudhaus zu sehen, das Pater Magnus Sattler 1894 errichten ließ und das noch mit eisernen Sudkesseln gearbeitet hat.

Kloster Andechs Wappen